EEG+ - Vorschlag für eine Erneuerbare-Energien-Quote für Industriebetriebe

Industriebetriebe und elektrische Bahnen profitieren in Folge des Ausbaus der erneuerbaren Energien von gesunkenen Börsenstrompreisen. Eine Beteiligung am Umlageverfahren des EEGs halten viele Betriebe jedoch für nicht zumutbar, begründet u.a. damit, dass

·         sie im internationalen Wettbewerb stehen und daher bei hoher Energieintensität auch auf einen Strombezug zu wettbewerbsfähigen Preisen angewiesen sind;

·         ein größerer Teil des Fördervolumens im EEG auf die Solarinstallationen früherer Jahre entfällt (insbesondere die Baujahre 2009 und 2010), deren Förderung über 20 Jahre ausbezahlt wird; für diese Baujahre in der Vergangenheit sollte die Kostentragung nicht quasi rückwirkend zu Lasten der Industrie geändert werden;

·         zentrale Großverbraucher nicht für die Mehrkosten dezentraler Lösungen (z.B. Mehrkosten kleiner Solar-Dachanlagen gegenüber großen Solarparks) aufkommen sollten.

Andererseits können die kleineren bis mittleren Stromverbraucher nicht die gesamte Umstellung auf erneuerbare Energien alleine tragen.

Vorgeschlagen wird daher, den von der EEG-Umlage freigestellten Betrieben aufzuerlegen, einen Anteil ihres Stroms künftig aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Ihnen soll jedoch im Wesentlichen freigestellt werden, wo und wie sie diese Quote erfüllen. Industriebetriebe, die im internationalen Wettbewerb stehen, muss ermöglicht werden, ihre (erneuerbare) Energie ebenfalls international zu beziehen. Aber auch Solarparks in Nähe der Betriebe sollten ungeachtet des Abstands zu Verkehrswegen oder einer 10 MW-Grenze als Bezugsquellen freigestellt werden. Damit können Kosteneinsparungen erreichet werden, die das EEG nicht ermöglicht.

Würde ein Industriebetrieb beispielsweise im Laufe eines solchen Programms schließlich 20% seines Bedarf mit Windenergiestrom aus Nordeuropa zu Mehrkosten von 2 Cent/kWh gegenüber dem Börsenpreis und weitere 10% mit Solarstrom aus Südeuropa zu Mehrkosten von 3 Cent/kWh decken, so ergäbe dies im Verhältnis zum gesamten Stromverbrauch eine Kostenbelastung von
0,7 Cent/kWh (=20% * 2 Cent/kWh + 10% * 3 Cent/kWh). Dies wäre eine vertretbare Belastung und wohl weniger als die derzeitige Entlastung durch Merit-Order-Effekte in Folge des EEGs.

Eine derartige Quote könnte im Rahmen des EEGs neben die Preis- und Umlageregelungen und den Einspeisungsvorrang treten, die für kleinere und mittlere Stromverbraucher fortgelten würden.

Verschiedene Details wären zu regeln oder bewusst nicht vorzugeben.
 Im Zweifel sollten die Freizügigkeit der Betriebe bei der Art der erneuerbaren Strombeschaffung und die Einfachheit des Systems Vorrang haben:

·         Beginn des Quotensystems – unter Berücksichtigung benötigter Vorlaufzeiten für den Aufbau entsprechender Erzeugungsprojekte;

·         für mehrere Jahre schrittweise festgelegte Quoten oder jährliche Anpassung im Verhältnis zum erreichten Erneuerbaren-Anteil in der übrigen Stromversorgung;

·         Sanktionen bei Nichterfüllung oder Möglichkeit zum Aufschub mit Addition von nicht erfüllten Quoten zu Anforderungen für das Folgejahrs;

·         Laufzeit der Festlegungen – in Betracht kämen u.a. 2020 (Stichjahr für Erneuerbare-Energien Landesquoten im EU-Rahmen) oder 2022 (erhöhter Ersatzbedarf wegen Stilllegung KKW);

·         Fokus auf neue Anlagen (Vermeidung von Mitnahmeeffekten bei bestehenden Kraftwerken, z.B. Ausschluss für alte Wasserkraftwerke oder bereits EEG-geförderte Windparks nach Ablauf der Anfangsvergütung) – oder Einbeziehung von Bestandsanlagen (dies würde die kurzfristige Einführung hoher EE-Quoten für die bislang befreiten Betriebe ermöglichen, weil damit mittels Direktvermarktung auf bestehende Kapazitäten zurückgegriffen werden könnte, ggf. auch als Ersatz für das Marktprämienmodell);

·         Doppelförderung bzw. Mitnahmeeffekte infolge Anrechnung auf EE-Quoten anderer EU-Länder oder anderer Fördersysteme;

·         evtl. Anforderungen für anteiligen Bezug aus dem näheren Umkreis;

·         Ausklammerung oder Freistellung bestimmter Erzeugungsoptionen (z.B. Biomasseimporte aus Tropenwäldern, Wind-/ Solarparks in Schutzgebieten oder Wasserkraft);

·         Bilanzieller (zeitgleicher) Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch, physikalischer Stromtransport oder lediglich jahresweise Bilanzierung von Quoten, Sonderregelungen bei (noch) unzureichenden Transportleitungen;

·         Quotenerfüllung auf Grundlage der Erneuerbaren-Erzeugung bzw. -Lieferung eines Jahres oder (optional auch) an Hand der kontrahierten Strommengen (Beispiel: Bei Abschluss eines fünfjährigen Liefervertrages könnte im ersten Jahr die fünffache Stromerzeugung eines Jahres auf die Quote angerechnet werden, in den nachfolgenden vier Jahren dann jedoch nicht mehr);

·         Regelungen für Netzkosten und Netznutzung;

·         Nachweis langfristiger Lieferverträge;

·         Nachweisverfahren und Transparenz;

·         Bedingungen für die Zuordnung von Betrieben zum Quoten- oder Umlagesystem, Modifizierung der Übergangsregelung bei Verbrauch in Nähe der Schwelle zur Freistellung von der EEG-Umlage oder bei Wettbewerb zwischen Betrieben einer Branche mit Verbrauch oberhalb oder unterhalb der Schwelle;

·         besondere Erleichterungen für ausgewählte Prozesse der Grundstoffindustrie;

·         (Verzicht auf den) Nachweis von Energiemanagementsystemen.

Aus Sicht der stromverbrauchenden Betriebe bliebe die Kostenbelastung tragbar. Mit Hilfe von eigenen Leistungen für einen Strombezug aus erneuerbaren Energien gewinnen die Betriebe ein weiteres Argument, um sich gegen eine verstärkte Einbeziehung in das Umlagesystem des EEGs – und insbesondere die Kosten vergangener Baujahre mit hohen Preisen je kWh – zu wehren.

Im Übrigen bliebe es bei den jeweils fortgeschriebenen Preisregelungen und dem Einspeisungsvorrang des EEGs und der Umlage auf die kleineren bis mittleren Stromverbraucher.

Aus Sicht der erneuerbaren Energien-Industrie liegt der Vorteil darin, dass gegenüber dem bislang auf die Inlandserzeugung beschränkten EEG zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden. Damit werden auch zusätzliche Umweltentlastungen gewährleistet.

Die Erfahrungen der energieintensiven Branchen mit einem Quotensystem könnten später ggf. auch für eine allgemeine Novellierung des EEG hinsichtlich der Förderung von Neuanlagen genutzt werden – ggf. könnte aber auch aus nachteiligen Erfahrungen gelernt werden.

Volkswirtschaftlich betrachtet führen die Aktivitäten der Industrie und der Bahnen zu einer „Versicherung“ gegenüber künftigen Preis- und Angebotsschocks, wie sie u.a. bei abrupt verschärften Klimaschutzanforderungen oder nach einem größeren Atomunfall in Nachbarländern denkbar wären.

Ein Teil der hierdurch angestoßenen Investitionen wird auf europäische Peripherieländer mit mehr Wind und Sonne entfallen, in denen sich Investoren in erneuerbare Energien wegen dem fehlenden Vertrauen in die Stetigkeit von lokalen Fördermaßnahmen bzw. fehlenden Haushaltsmitteln zurückhalten. Damit wird auch ein  Beitrag zur Stützung der Konjunktur in Europa geleistet.

Joachim Falkenhagen, c/o Windland Energieerzeugungs GmbH, Grimmstr. 9, 10967 Berlin, 11.10.2012

PS: Statt einer gesonderten Förderung für die erneuerbaren Energien wäre es volkswirtschaftlich effizienter und ökologisch effektiver, die Wirkung des Emissionshandels so auszuweiten, dass bereits dadurch erneuerbare Energien wirtschaftlich werden und ihr Ausbau finanziert werden kann. Dies würde einer Minderung des Bevorzugung fossiler Energien bedeuten, die dann eine weniger billige Entsorgungsmöglichkeit in die Atmosphäre hätten. Solange dies nicht durchsetzbar ist, sollen aber wenigstens die „zweitbesten“ Mechanismen zur Anwendung kommen.