Konzept für eine Berliner Umweltzone ohne Abgase aus Verbrennungsmotoren

 

In großen Teilen der Berliner Innenstadt wünscht eine Mehrheit der Bewohner eine Vertiefung der Umweltzone, so dass dort keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr fahren.
Elektroautos würden die meisten allerdings weiterhin zulassen, auch für elektrisch gefahrene Hybridautos gibt es mehrheitlich Zustimmung.

Dies ergab eine Befragung von 1001 wahlberechtigten Berlinern im April 2013 durch Infratest Dimap.
In der Summe des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und der Ortsteile Neukölln, Moabit, Wedding bis zur Seestraße und Gesundbrunnen gab es dafür eine Mehrheit von 51 %. Hingegen wollen 37% die Regelungen der derzeitigen Umweltzone beibehalten, 6% gaben keine Antwort. In Folge kleinräumiger Unterschiede ist die Zustimmung in Teilgebieten noch höher. In der westlichen Innenstadt war die Zustimmung hingegen mit 44% der Befragten etwas schwächer.

Auch im Volkswagenkonzern hält man es für „ absehbar, dass mehr und mehr Ballungszentren in Zukunft Null-Emissionszonen einführen werden. Dann werden nur noch solche Fahrzeuge in diese Zonen einfahren dürfen, die in der Lage sind, eine definierte Fahrtstrecke emissionsfrei und besonders lärmarm zurückzulegen.“[1]

Die Einführung einer Null-Emissionszone in zwei Stadtgebieten mit zusammen 700.000 Einwohnern kann also mit der Zustimmung einer Mehrheit der Bewohner rechnen. Sie wäre auch ein Schritt zur Einhaltung der EU-einheitlichen Emissionsrichtwerte in der Innenstadt. [2] Eine solche Umstellung wirft einige Fragen auf, wie diese am besten gestaltet werden kann und wie der Übergang funktioniert. Nachfolgend werden dazu einige Überlegungen angestellt und mögliche Entwicklungen und Lösungen aufgezeigt. Diese sind als Ausgangspunkt für weitergehende Untersuchungen, Diskussionen und Entscheidungen zu verstehen.

Der Bereich, in dem künftig Autos nicht mit Verbrennungsmotor fahren dürfen, wird hier nachfolgend als „vertiefte Umweltzone“ bezeichnet. Der von VW verwendete Begriff „Null-Emissionszone“ wäre irreführend, weil auch Elektroautos mit ihrem ruhigeren Antrieb lediglich weniger Emissionen aufweisen, sie insbesondere nach wie vor Rollgeräusche verursachen, Türen zugeschlagen werden und sich auch bei ihnen der Abrieb von Reifen, Bremsen und Straßenoberflächen in Staubemissionen umwandelt.

 

Mögliche Reaktionen und Bedarf an Elektrofahrzeugen und Infrastruktur

Bisherige Autobesitzer mit Wohnung im Bereich einer vertieften Umweltzone, in der Motorfahrzeuge lediglich mit Elektroantrieb gefahren werden dürfen, haben verschiedene prinzipielle Möglichkeiten, auf diese zu reagieren:

1.      Ersatz des PKWs durch ein Fahrzeug mit vergleichbaren Fahrleistungen:
Dies kann heute in erster Linie mit Plug-in Hybridfahrzeugen erreicht werden.

2.      Ersatz des PKW durch ein Privatauto mit eingeschränkten Fahrleistungen:
Mit reinen Elektrofahrzeugen wird heute nur eine beschränkte Reichweite erreicht, wenn weite Autobahnfahrten ohnehin nicht mehr maßgeblich sind, werden sich einige Fahrzeughalter gleich für ein weniger leistungsfähiges Auto entscheiden.

3.      Zunächst kein eigenes Neufahrzeug, gelegentliche Teilnahme am Car-Sharing bzw. der Mietwagennutzung in Selbstbedienung, welche dann auf Elektroautos ausgeweitet werden
(z.B. vermietet Car2go schon jetzt Elektro-Smarts);

4.      Anschaffung eines elektrischen Zweirads (Pedelec oder E-Moped);

5.      Abschaffung des PKWs ohne besondere Ersatzmaßnahme;
künftiges Verkehrsverhalten wie die Mehrzahl der schon bislang autofreien Haushalte
(also vermehrte Fußwege, mehr BVG-, Bahn- und Fahrradnutzung);

6.      Beibehaltung des PKWs mit Verbrennungsmotor und Abstellen außerhalb der Umweltzone für Fahrten über größere Strecken;

7.      Wegzug.

Manche werden auch mehrere Maßnahmen gleichzeitig ergreifen (z.B. Kauf eines Pedelecs plus häufigere Mietwagennutzung). In der zeitlichen Abfolge werden kurzzeitig eher die preiswerteren bzw. sich automatisch einstellenden Maßnahmen 3 bis 6 ergriffen. Auf mittlere Sicht wird die Zahl der elektrischen Neuwagen dann noch zunehmen. Maßnahme 6 wird meist nur ein Übergangsphänomen bleiben, sofern der Wagen nicht an einer zweiten Wohnung abgestellt werden kann. Zu einem Wegzug werden sich wohl nur sehr wenige Anwohner entscheiden; allerdings wird die vertiefte Umweltzone bei ohnehin anstehenden Umzügen (z.B. nach Trennungen oder Familienzuwachs) beeinflussen, wer umzieht bzw. wohin umgezogen wird.

Nachdem sich derzeit wenige Autofahrer für ein Hybridauto und noch viel weniger für ein reines Elektroauto entschieden haben, diese also aus Sicht viele Autofahrer offenbar heute noch nicht als vollwertige Alternative angesehen werden, ist jedenfalls nicht damit zu rechnen, dass sich sämtliche Autofahrer sofort zum Stichtag der Vertiefung der Umweltzone einen elektrisch fahrbaren Ersatz zulegen werden (Maßnahme 1 oder 2). Vor Anschaffung eines Elektroautos werden viele Haushalte erste Erfahrungen mit der Elektromobilität sammeln wollen, und für manche Autofahrerhaushalte wird auch der Kauf eines kleineren Elektroautos zu teuer sein, zumal es kaum ein Gebrauchtautoangebot gibt. Das wird auch bei einem Umstellungszeitpunkt in 2 oder 3 Jahren noch der Fall sein.

Im Vergleich mit anderen Bundesländern oder z.B. auch zu italienischen Städten weist Berlin bislang einen geringen Bestand von motorisierten Zweirädern auf. Der bisherige Markt für Elektromobilität in Deutschland und in Ländern wie China mit vermehrtem Anteil der Elektromobilität beruht vorwiegend auf Zweirädern. Daher wird angenommen, dass auch in der vertieften Umweltzone in Berlin die Bedeutung der motorisierten Zweiräder zunehmen wird (Maßnahme 4).

Plausibel erscheint es somit, dass sich bei Umstellung eines Stadtquartiers nach einigen Monaten etwa je ein Viertel der Autohalter zu einer der Maßnahmen 1 bis 4 entschieden haben. Die Zahl der privaten PKW würde dann zu diesem Zeitpunkt etwa die Hälfte des ursprünglichen Bestands betragen. Dies könnte vielleicht innerhalb eines halben Jahres der Fall sein. Dafür kann dann der entsprechende Bedarf an Elektro-Infrastruktur abgeschätzt werden. Die übrigen Handlungsmöglichkeiten 5 bis 7 verursachen keine besonderen neuen Anforderungen an die Infrastruktur.

Wie schnell genau dies und danach ein weiterer Anstieg der Zulassungen elektrischer Autos erfolgt, und wie weit sich diese dann den bisherigen Fahrzeugzahlen annähern, kann heute nur spekuliert werden. Anzunehmen ist, dass einige Fahrzeugbesitzer sehr schnell umstellen werden, andere sich einige Jahre Zeit lassen. Dies hängt natürlich auch von dem Infrastrukturangebot, den Kosten und der technischen bzw. Fahrzeugentwicklung ab sowie von der Verfügbarkeit elektrischer Gebrauchtautos.

In wohlhabenderen Innenstadt-Quartieren würde die Umstellung sicherlich schneller erfolgen, dort wird es mehr Hybride bzw. größere Elektroautos geben, während Haushalte mit begrenzten Mitteln vorsichtiger agieren werden bzw. etwas kleinere Fahrzeuge betreiben werden als bislang. Später ist wohl einem zunehmenden Anteil der Hybride zu Lasten der Zweiräder und des Nichtautobesitz zu rechnen.

Orientiert sich das elektrische Infrastrukturangebot zunächst an der beschriebenen Viertel-Aufteilung des bisherigen Autobestands, so besteht eine gute Aussicht, dieses nach in absehbarer Zeit auch auslasten zu können und jedenfalls auch die dringendsten Bedürfnisse der Anwohner sofort zu befriedigen. Die Infrastruktur kann dann bei Bedarf weiter ausgebaut werden.

Je nach Ausgestaltung der Zulassungsregeln in der vertieften Umweltzone könnten natürlich auch eine oder mehrere der o.g. Möglichkeiten wegfallen. Würden beispielsweise schärfere Anforderungen für die Lärmwerte der Fahrzeuge  festgelegt, die wegen der Rollgeräusche nur noch von besonders leichten Elektrofahrzeugen erreicht werden könnten, nicht aber von Hybridautos in der Größe heute üblicher Autos, würde sich der Mobilitätsmarkt entsprechend anders aufteilen.

Würde in einem Stadtviertel mehrheitlich entscheiden, Autos ganz auszusperren, gäbe es wieder andere Auswirkungen. Dafür scheint es jedoch keine Mehrheiten zu geben, und dies gäbe auch größere Härten für die Betroffenen. Daher werden autofrei-Projekte vor allem für Neubaugebiete diskutiert.

Auch bei Personen, die bislang kein Auto besitzen, werden sich punktuelle Änderungen im Verkehrsverhalten ergeben. Manche werden nun öfter mit dem Fahrrad fahren, wenn das Fahren auf den Straßen angenehmer wird. Andere werden durch die verbesserte Infrastruktur für Elektrofahrzeuge und den Vorbildeffekt der Nachbarschaft zur Anschaffung eines Elektrofahrzeugs motiviert – das werden dann wohl eher kleinere Fahrzeuge sein. Dies könnte einen gewissen Teil des Mehrbedarfs im öffentlichen Verkehr von bisherigen Autonutzern kompensieren. Insgesamt dürfte dieser Personenkreis jedoch sein derzeitiges Verhalten nur wenig ändern, ist er doch von den neuen Regeln nicht unmittelbar betroffen.

Die dritte relevante Gruppe sind die Bewohner außerhalb der vertieften Umweltzone, die nun ebenfalls ein Elektroauto benötigen, um wie gewohnt in das Gebiet einfahren zu können. Bei dieser Gruppe liegt aber kein genauso dringlicher Bedarf vor. Sollte beispielsweise die Versorgung mit Elektroautos oder die Zahl der Ladestationen zeitweilig unzureichend sein, können diese Personengruppen auch zeitweilig zurückstehen. Sie würden dann übergangsweise andere Ziele anfahren, die Umweltzone umfahren oder öffentliche Verkehrsmittel bzw. ihr Fahrrad nutzen. Die entsprechenden Bedürfnisse an die Ladeinfrastruktur entstehen räumlich verteilt, mit geringerer Dichte und öfters auf Privatgrundstücken, so dass hierfür weniger bzw. keine besondere Vorsorge zu treffen ist. Das Interesse der Autofahrer in der Peripherie wird mit der Größe der vertieften Umweltzone zunehmen, bzw. bei allmählicher Einführung mit dem sukzessiven Wegfall von Zielen, die noch mit Verbrennungsmotor-Autos erreichbar sind.

Etwa 12% der Berliner Haushalte haben 2 oder mehr Autos (Mobilität in Deutschland, 2008). 35% der Berliner Autos gehören zu Haushalten mit mindestens Zweitwagen (einschließlich 5% in Haushalten mit drei oder mehr Autos). Zweitwagen können mit den geringsten Einschränkungen gegen Elektroautos ersetzt werden, weil für weitere Fahrten und insbesondere größere Strecken das „Erstauto“ verfügbar bleibt. Zweitwagenbesitzer dürften auch häufiger einen privaten Stellplatz besitzen, an dem sie leicht eine Stromversorgung gewährleisten können. Angenommen, die vertiefte Umweltzone würde etwa ein Sechstel des bisherigen Fahrzeugbestands mit Verbrennungsmotor umfassen (mit allerdings höherem Bevölkerungsanteil) und relativ zügig eingeführt: Hier wird daher die Schätzung vorgenommen, dass dann mindestens 30% der Berliner Autos zu Haushalten mit Zweitwagen außerhalb einer vertieften Umweltzone dieses Ausmaßes gehören. Besteht die Erwartung, dass die vertiefte Umweltzone noch erweitert wird, wird wohl beim Neukauf eines Zweitwagen meistens ein Wagen mit Elektroantrieb bevorzugt werden. Haushalte außerhalb der Umweltzone mit nur einem Auto (mit gut der Hälfte der bisherigen Berliner Autos) werden sich langsamer umstellen. Eine Reaktion ist bereits ab der Ankündigung der erweiterten Umweltzone möglich. Es erscheint plausibel, dass es in diesen Marktsegmenten ab Ankündigung einige Jahre dauern wird, bis je 10% der heutigen Zahl Berliner Autos (Allein-Autos und Autos in Haushalten mit Zweitautos, jeweils außerhalb der Umweltzone) elektrisch fahren würden. Dieser Wert wird bereits erreicht, bevor sich Batterieautos bundesweit durchgesetzt haben. Somit würde es dort mittelfristig zu einem sogar höheren elektrischen Autobestand kommen als die Elektroautos mit Wohnung des Eigentümers innerhalb der vertieften Umweltzone.

Bei den Fahrzeugen der Besitzer von außerhalb der vertieften Umweltzone ist jedoch eine weniger schnellere Anpassungsreaktion als im inneren Bereich zu erwarten, schon wegen des geringeren „Handlungsdrucks“. Damit werden die Fahrzeuge innerhalb der vertieften Umweltzone zunächst einen zahlenmäßigen Vorsprung haben. Natürlich hängst das auch von der Ausgestaltung im Detail ab, wie etwa der zeitlichen Abfolge der Umstellung (bei einem „Big Bang“ – siehe nachfolgend - hätten die Innenstadtbewohner sofort einen deutlichen Vorsprung) und von der Einschränkung von Fahrtrelationen ohne Elektroantrieb (beispielsweise davon, ob die vertiefte Umweltzone eine „Lücke“ in der Stadtmitte aufweist, wie es wenigstens für ein Anfangszeit empfohlen wird).

Die Umstellung im Wirtschaftsverkehr und insbesondere von Transport- und Lieferdiensten wird besonders schnell erfolgen. Bei Umstellung einer Fahrzeugflotte muss der umgestellte Anteil der Fahrzeuge mindestens dem Bevölkerungsanteil der vertieften Umweltzone entsprechen, bzw. dem Anteil der Lieferungen. Aus Gründen der Routenoptimierung wird der Anteil jedoch schnell höher werden.

Umstellungstermin und Abfolge

Nach Durchführung der Abstimmungen der Bürger über die Verkehrsgestaltung in ihrem Viertel ist zusammen mit der räumlichen Abgrenzung der erweiterten Umweltzone über den Zeitpunkt der Einführung  zu entscheiden. Dabei gäbe es mehrere Möglichkeiten:

·         Einheitlicher Umstellungstag für alle Fahrzeuge im gesamten Gebiet;

·         Sukzessive Umstellung mit Fahrzeug- oder Halter-bezogenen Unterscheidungen, etwa sofortige Wirksamkeit für neu zugelassene Fahrzeuge und Übergangsregelungen je nach Alter, Haltedauer, Emissionswerten der Fahrzeuge, sozialen Kriterien oder Unterscheidung zwischen Durchgangsverkehr, Besuchern und Anwohnern;

·         Stadtteilweise Umstellung zu unterschiedlichen Stichtagen, an diesen jedoch für alle Fahrzeuge des betreffenden Gebiets.

Für die bisherige Umweltzone war die Einführung bzw. schrittweise Verschärfung jeweils nach dem „Big-Bang“-Prinzip am selben Stichtag für die gesamte Innenstadt möglich, weil dieselbe Infrastruktur benutzt wird (z.B. Tankstellen). Zudem gab es bereits einen beträchtlichen Sockelbestand von Fahrzeugen mit grüner Plakette. Die Fahrzeugindustrie war lieferfähig. Dagegen ist es schwer vorstellbar, innerhalb kürzester Zeit über hunderttausend Fahrzeuge durch Elektroautos zu ersetzen. Zudem würde der geballte Verkauf der nicht so sehr alten Altfahrzeuge in kurzem Zeitraum die Altautomärkte im Berliner Raum sehr beanspruchen.

Die Industrie ist auch nicht in der Lage, so viele Elektroautos zu liefern. Zudem kennt niemand die Bedürfnisse und Wünsche der künftigen Elektroautofahrer: Werden viele Bürger ihre bisherige Autogröße beibehalten oder kleinere Elektrofahrzeuge mit zwei, drei oder vier Rädern kaufen? Werden sie reine Elektroautos oder plug-in Hybride (sofern zugelassen) bevorzugen? Wie schnell erfolgt der Ersatz? Werden sie probeweise oder dauerhaft auf flexibel nutzbare Car-Sharing-Angebote umsteigen? Die Fahrzeugindustrie würde bei einer „Big Bang“-Umstellung das Risiko eingehen, ein falsches Angebot für den Berliner Markt in großen Stückzahlen bereitzuhalten und dann teilweise darauf sitzen zu bleiben. Bei einer schrittweisen Umstellung wird es ebenfalls Fehleinschätzungen der Marktanteile geben, beziehen sich dann aber auf eine geringere absolute Zahl der Fahrzeuge. Von den Händlern zu viel beschaffte Fahrzeuge können notfalls in der nächsten Runde der Umstellung verkauft werden.

Vor allem aber wäre die Kraftanstrengung nicht zu bewältigen, bei einem “Big Bang“ eine deutlich erweiterte Lade-Infrastruktur für die Autos in großen Teilen der Innenstadt gleichzeitig bereitzustellen.

Für Autofahrer mit Wohnort und Arbeitsplatz außerhalb der vertieften Umweltzone besteht bei einer allmählichen Umstellung die Möglichkeit, sich allmählich mit der Möglichkeit vertraut zu machen, im Hinblick auf Gelegenheitsfahrten ebenfalls auf Elektrobetrieb umzustellen. In der Zwischenzeit müssten dann eben andere Verkehrsmöglichkeiten genutzt werden.

Eine Gültigkeit der vertieften Umweltzone nur für neu angeschaffte Fahrzeuge während einer längeren Umstellungsperiode hätte die Folge, dass zahlreiche Bewohner erst recht lange ihre Altfahrzeuge behalten. Vor einem Stichtag könnte es zu „last-minute“-Käufen konventioneller Autos kaufen. Der spürbare Nutzen wäre gering, weil einige wenige leise Elektrofahrzeuge inmitten zahlreicher Altautos kaum Lärmminderung brächten; für die Abgasbelastung gilt das ähnlich. Diese Regelung wäre auch sehr schwer kontrollierbar.

Bei einem sofortigen Aussperren von „fremden“ Altfahrzeugen in Verbindung mit großzügigeren Übergangsregelungen für Anwohnern wäre eine Verbesserung in Straßen mit mehr Durchgangsverkehr schneller spürbar als in lokalen Erschließungsstraßen. Eine Unterscheidung zwischen den Altfahrzeugen der Anwohner und den ebenfalls schon länger zugelassenen Fahrzeugen von Besuchern wäre allerdings kaum zu rechtfertigen, ebenso wenig eine mehrjährige Benachteiligung Zuziehender, sofern diese eine Übergangsregelung für Altfahrzeuge nicht in Anspruch nehmen dürften.

Eine Staffelung nach sozialen Kriterien hätte in vielen Innenstadtquartieren zur Folge, dass vornehmlich Autofahrer mit Migrationsintergrund noch Verbrennungsmotoren benutzen können. Hierfür wären wohl kaum Mehrheiten bei den wahlberechtigten Deutschen zu erreichen.

In Bereichen mit knappen Parkplätzen wäre es bei einer sukzessiven Umstellung schwer, freie Parkplätze vor der eigenen Wohnung (wo eine Stromversorgung von privaten Steckdosen am einfachsten wäre) oder neben den (anfangs wenigen) öffentlichen Ladesäulen zu finden. Die Elektromobilität würde daher anfänglich als besonders umständlich empfunden werden. Oder es müssten Parkvorrechte an den Ladesäulen eingeräumt werden, für die dann kurzzeitig besondere Parkverbotszeichen aufzustellen wären, die dann auch zu überwachen wären. Die für Elektroautos vorbehaltenen Parkplätze hätten wiederum Unmut bei den benachteiligten Fahrern der Altautos zur Folge, deren Parkplatzsuche umso schwieriger würde.

Eine „vorgezogene Wirkung“ der Umweltzone für bestimmte Teilgruppen bzw. längere Sondererlaubnisse für Altfahrzeuge wären daher allenfalls für wenige Monate und wenige Ausnahmeregelungen in Betracht zu ziehen.

Damit ist die dritte Möglichkeit die günstigste: Im Abstand von etwa 2 bis 3 Monaten werden jeweils zusätzliche Stadtviertel in die vertiefte Umweltzone  einbezogen werden, beispielsweise zu Stichtagen am 1. April, 1. Juni, 1 August und 1. Oktober. In den kälteren Monaten November bis März sollten keine Stadtteile umgestellt werden: Hierfür sprechen die geringere Reichweite der kalten Batterien im Winter und die notwendige Gewöhnung hieran, das Ausweichen auf Fahrräder ist im Winter beschwerlicher, und Bodenfrost erschwert ggf. Tiefbauarbeiten zum Anschluss der Ladeeinrichtungen an die unter den Straßen verlegten Stromkabel.

Bei einem einheitlichen Umstellungstermin je Stadtteil sind die Straßen einschließlich der Parkplätze gegen Ende der Altregelung und besonders in den ersten Monaten ab Neuregelung deutlich leerer, da sich auch zahlreiche bisherige Autobesitzer, die auf jeden Fall ein Elektroauto kaufen möchten, damit etwas Zeit lassen werden. Dies bedeutet für die ersten Elektrofahrer eine vermehrte Auswahl zwischen Parkplätzen, z.B. in Nähe des eigenen Hauses (Stecker am Haus oder Stromkabel aus der Wohnung im Vorderhaus) oder neben Ladesäulen des eigenen Anbieters. Parksonderrechte neben Ladesäulen sind dann nicht erforderlich, weil diese ja nicht von konventionellen Autos verparkt werden, und alle anderen ebenfalls auf die Nähe zu einer Ladesäule achten. Leerere Straßen erleichtern auch Tiefbauarbeiten für Elektroanschlüsse der Ladesäulen.

Die „schlagartige“ Umstellung macht die Vorteile besonders deutlich spürbar. Kurz vor dem jeweiligen Umstellungstermin werden sich vermehrt Autohändler und auch private Autokäufer im jeweiligen Gebiet um Altautos bemühen, so dass diese ohne Mühen verkauft werden können. Umgekehrt wird es entsprechend für elektrische Neufahrzeuge intensive Präsentationen geben.

Auch bei der Festlegung der Reihenfolge der umgestellten Stadtviertel sollten wieder die Wünsche der Bürger gemäß einer zusätzlichen Frage der vorgeschlagenen Abstimmung berücksichtigt werden. Die Umstellung erfolgt dann erst zu dem Termin, für den eine mehrheitliche Zustimmung der Bürger vorliegt. Würden also z.B. jeweils gleich viele Bürger eines Stadtteils eine Umstellung in 2014, 2015, 2016, 2017 bzw. 2018 wünschen, würde sie dort stufenweise im Jahr 2016 erfolgen.

 

Wirtschaftsverkehr:

Der Regelfall lautet: Auch der Wirtschaftsverkehr wird in der erweiterten Umweltzone mit Elektroantrieb erfolgen.

Durchgangsverkehr mit Verbrennungsmotoren ist damit ausgeschlossen (einzige Ausnahme: Rettungseinsätze, Feuerwehr).

Soweit der Wirtschaftsverkehr dem Personentransport dient (z.B. Geschäftsreisen, Berater, Vertreter, Sozialdienst) und derzeit mit PKWs erfolgt, ist die Umstellung auf Elektroantrieb oder die Nutzung anderer Verkehrsmittel selbstverständlich. Das gilt sowohl für Besucher von außen wie für Fahrten aus der vertieften Umweltzone heraus.

Taxis sind schon jetzt besonders häufig mit Hybridantrieb unterwegs. In diesem Markt muss Konsequenz gezeigt werden und im Grundsatz eine Gleichbehandlung mit anderen privaten Fahrten in der Umweltzone gelten.

Elektrisch fahrende Taxis würden eine besondere Markierung erhalten. Beim Betreten von Taxis an Taxiständen, insbesondere am Bahnhof oder Flughafen, kann der Fahrgast dann ein passendes Fahrzeug auswählen. Bei telefonischer Bestellung sollte der Fahrgast von der Taxizentrale gefragt werden, ob sein Ziel in der vertieften Umweltzone liegt. Wäre außerhalb der Umweltzone ausnahmsweise gerade kein elektrisch fahrendes Taxis in der Nähe des Einstiegsorts verfügbar, oder winkt der Fahrgast ein Taxi an den Straßenrand, muss eben notfalls (!) am Rand der Umweltzone in eine andere Taxe umgestiegen werden. Dann sollte auf eine neuerliche Grundgebühr für die Anschlussfahrt verzichtet werden. Bis die Vertiefung der Umweltzone räumlich abgeschlossen ist, wird ein größerer Teil der Taxis über Elektroantrieb verfügen, so dass sich solche Probleme immer weniger stellen dürften.

Die Berliner Taxifahrer verbringen ohnehin einen großen Teil ihrer Arbeitszeit damit, auf Fahrgäste zu warten. In dieser Zeit können auch Batterien aufgeladen werden. Taxistände sind zu diesem Zweck mit elektrischen Anschlüssen auszustatten. Das Warten an Taxiständen sollte dazu so organisiert werden, dass das zuerst gekommene Fahrzeug auch zuerst Fahrgäste aufnimmt, aber ein ständiges Nachrücken (und jeweils neue Anordnung der elektrischen Ladekabel) vermieden wird. Eine weitere Lösung sind Batterie-Wechselsysteme, mit denen jeweils eine entleerte gegen eine aufgeladene Batterie ausgetauscht wird. Nachdem Taxis sehr viel in einem begrenzten Aktionsradius fahren, eigenen sie sich besonders gut für solche Systeme. Die Marktreife solcher Systeme könnte durch eine vertiefte Umweltzone sehr beschleunigt werden.

Der Ziel– und Quellverkehr bei Lastentransporten mit entsprechender Fahrzeuggröße erfordert einen etwas differenzierteren Ansatz:

Güternahverkehr: Ein Teil dieser Fahrten entfällt auf Berliner Betriebe bzw. auf regelmäßige Belieferungen (oder Abholungen) aus Verteilzentren im Berliner Raum mit eigener Flotte.

Beispiel: Die Ladenkette Netto versorgt etwa 300 Märkte von ihrem Logistikzentrum neben der Autobahn am Arkenberger Damm in Berlin-Pankow. Zulieferungen an das Logistikzentrum wären also von der Umweltzone nicht betroffen. Märkte innerhalb der vertieften Umweltzonen in Berlin würden dann vorzugsweise mit Hybrid-LKW angefahren, wie sie z.B. von MAN unter der Bezeichnung Metropolis vorgestellt wurden. Innerhalb der Umweltzone würde elektrisch gefahren werden. Nacht, während des Beladens im Logistikzentrum und beim Entladen der Waren an den Geschäften käme der LKW an die Steckdose. Nachdem mit einem LKWs (wenigstens anfangs) nicht nur Läden in der Umweltzone beliefert würden, profitieren auch die Bewohner der anderen Stadtteile frühzeitig.

Auch Berliner Handwerksbetriebe werden sich in der vertieften Umweltzone grundsätzlich nur noch elektrisch fortbewegen. In einer Übergangszeit könnte dies dazu führen, dass sich einige Betriebe auf diesen Kundenkreis spezialisieren, also entsprechende Fahrzeuge besitzen, und Leistungen in der Umweltzone anbieten können. Für Betriebe in der Umweltzone ergibt sich das ohnehin. Andere Betriebe werden nicht sofort elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge besitzen und können einen Teil der potentiellen Kunden nicht mehr erreichen. Insgesamt bleibt aber die Nachfrage und Angebot dieselbe, so dass sich Vorteile und Nachteile für konkurrierende Betriebe die Waage halten. Aufträge in der Umweltzone, etwa für größere Bauvorhaben, können natürlich zum Anlass genommen werden, sich ein passendes Fahrzeug zuzulegen oder es für einige Monate zu mieten.

Besondere Härten sind durch geeigneten Zuschnitt der Umweltzone zu vermeiden. Beispielsweise gibt es auf der Lohmühleninsel an der Grenze von Kreuzberg zu Treptow ein Betonwerk. Würde Kreuzberg Teil der vertieften Umweltzone, Treptow aber nicht, sollte die Grenze so gezogen werden, dass Zufahrten von Treptow her gerade noch mit Verbrennungsmotor möglich wären. Für Betonlieferungen an Baustellen in der Umweltzone würden hingegen Betonmischer mit Elektro-Hybridantrieb verwendet werden.

Ferntransporte: Diese erfolgen meist mit mautpflichtigen LKW, so dass die gefahrenen Strecken gut nachvorfolgt werden können. Bei Belieferungen mit unterschiedlichsten LKW unterschiedlicher Spediteure, die längere Strecken auf der Autobahn unterwegs sind, und bei denen deshalb weder eine Hybridlösung vorteilhaft ist, noch ein Bezug der Fahrzeuge zu Berlin hergestellt werden kann, würde ein Zufahrtverbot keine Umrüstung der LKW zur Folge haben, sondern zu besonderen Erschwernissen für die zu beliefernden Betriebe führen. Beispielswäre wäre es bei Belieferungen von Schering nicht sinnvoll, die Transportgüter auf elektrisch angetrieben Fahrzeuge umzuladen.

Standardisierte Befreiungen könnten an die Kriterien geknüpft werden, dass

·         eine bestimmte Mindeststrecke mautpflichtig zurückgelegt wurde (z.B. 100 km), also kein regionaler Bezug besteht, bei dem die Anschaffung eines LKW mit Elektroantrieb zumutbar wäre;

·         nur eine begrenzte Zahl von Fahrten pro Jahr je LKW in der Umweltzone zulässig ist, und ggf.,

·         dass das Be- und Entladen auf betriebseigenem Gelände stattfindet oder mit Sondernutzungserlaubnis für Straßenraum

Beispielsweise bestünde dann bei einem Umzug von Berlin nach Bayern die Möglichkeit, dies mit einer bayerischen Spedition abzuwickeln, die bei derselben Fahrt einen Umzug an den Berliner Stadtrand durchführt. Eine bayerische Spedition wird aber keine Elektrofahrzeuge besitzen, und ein Transport von Batterien über Langstrecken wäre auch nicht sinnvoll. Die Ausnahmen dienen in diesem Beispiel also der Vermeidung von Leerfahrten.

Solche Befreiungen gibt es nur für Ziele oder Abnahmestellen in der Umweltzone, nicht für die Durchfahrt.

Weitere Ausnahmen müsste es für ungewöhnliche Spezialfahrzeuge mit spezifischen Aufgaben (z.B. mit Kranaufbauten) und größerem Einsatzradius geben, die nur selten benötigt bzw. eingesetzt werden, so dass sich besondere Fahrzeuge für den beschränkten Markt nicht lohnen. Dazu würden dann ggf. auch Fahrzeuge der Bundesminister und Kanzler(in) mit besonderem Schutz gegen Terroranschläge gehören, nicht aber der größere Teil des Fuhrparks der Bundesregierung oder die Privatautos von Bundestagsabgeordneten.

Damit wäre ein Großteil des Wirtschaftsverkehrs abgedeckt. Für den verbleibenden Wirtschaftsverkehr kann mit besonders anzumeldenden Ausnahmen gearbeitet werden. Mindestbedingungen für eine Ausnahme könnten sein:

·         Begrenzte Zahl der Fahrten des jeweiligen Fahrzeugs in die verstärkte Umweltzone (z.B. max. 20 Fahrten pro Jahr und Fahrzeug);

·         Zuordnung zu einem Auftraggeber in der Umweltzone, Nachweis durch Rechnungen (ggf. Kontrollmitteilungen an Finanzämter);

·         Zustimmung des Auftraggebers;

·         Begrenzte Zahl von Anlieferungen je Auftraggeber (z.B. max. 20 Fahrten pro Jahr und Beschäftigtem der belieferten Firma in der Umweltzone);

·         Zahlung einer moderaten Gebühr je Fahrt, die aber ausreicht, missbräuchliche Anträge unattraktiv zu machen.

Damit sind auch Leasing-Fahrzeuge grundsätzlich erfasst. Ein Missbrauch durch „rollierend“ zur Verfügung gestellte Leasingfahrzeuge eines Anbieters, die jeweils nur 20 Tage im Jahr bei einem Leasingnehmer in der Umweltzone verbleiben und dann ausgetauscht werden, wird durch das vierte Kriterium verhindert. Vielleicht reicht auch ein Teil der Bedingungen aus.

Für Gewerbetreibende wie Handwerker mit mittlerem Transportbedarf, niedriger Zahl der Fahrzeuge je Betrieb und unregelmäßigen Aufträgen aus Umweltzone entsteht durch die 20 Fahrten-Grenze je Betriebseinheit (nicht je Fahrzeug) sanfter Druck zu Umstellung. Für PKWs sollte es keine Ausnahmen geben. Im Übrigen wäre eine Mindest-Fahrzeuggröße für die Erteilung von Ausnahmeregelungen wohl kontraproduktiv, da dies zur Nutzung zu großer Fahrzeuge führen könnte statt zu einer Umstellung.

Die 20 Fahrten-Grenze wirkt mit Vergrößerung der intensivierten Umweltzonen immer stärker.

Die diplomatischen Vertretungen werden sich auf angestammte Sonderrechte berufen.

Daneben noch mögliche Einzelfallanträge sollten auf sehr Ausnahmen mit engem Ermessensspielraum beschränkt werden (nicht: nur wenige Kunden in Umweltzone, soweit andere Anbieter existieren; nicht: kein Geld für ein Neufahrzeug).

Der Schiffsverkehr in der vertieften Umweltzone soll ebenfalls auf Elektroantrieb umgestellt werden umstellen. Zu einem großen Teil handelt es sich dabei um Ausflugsschiffe. Batterien sind auf Schiffen  leicht transportierbar. Eine Leistungsstromversorgung an den Anlegestellen wird notwendig. Damit wird ein echter Technologiesprung erreicht. Eine Zwischenlösung mit Feinstaubfilter für die heute besonders schmutzigen Dieselmotoren der Schiffe wird „überspringen“. Lastschiffe können die entprechenden Teile der Berliner Innenstadt in der Regel auf den Teltowkanal umfahren. Der Nordhafen sollte noch nicht im Bereich der Umweltzone liegen.

Nach einigen Jahren sollten die Ausnahmeregelungen schrittweise auslaufen.
Die Kreativität der Berliner wird wohl zu Wünschen nach weiteren Ausnahmen führen.

Folgen für die Entwicklung der Elektromobilität

Mit einer vertieften Umweltzone für über eine halbe Million Menschen präsentiert sich Berlin als ein „Schaufenster für Elektromobilität“. Dies wird die Entwicklung von technischen Lösungen – weit über das eigentliche Fahrzeug hinaus – deutlich vorantreiben.

Bei konventionellen, öffentlichen Förderprogrammen für Elektromobilität müssten wesentliche Richtungsentscheidungen durch Politiker bzw. Ministerialbehörden getroffen werden. Dies birgt die große Gefahr von Fehlentscheidungen, beispielsweise zur Förderung der falschen Technik, oder von unsachgerechter Auswahl (z.B. Bevorzugung des Konzepts eines Betriebes aus dem eigenen Wahlkreis oder mit guten „Beziehungen“ zur Politik). Bei Förderprogrammen müssen zahlreiche Entscheidungen getroffen werden, z.B. bei der Wahl der Fahrzeuggröße und -leistung, bei Batteriewechsel- oder Leasing-Modellen für Batterien, bei unterschiedlichen Ladestationen, vielleicht auch Brennstoffzellen, usw.. In der Berliner Umweltzone müssten sich leistungsfähige Anbieter dagegen am Markt durchsetzen. Die Marktakteure können diese Entscheidungen besser treffen und erforderlichenfalls auch schneller korrigieren, als dies in vorab festgelegten, öffentlichen Förderprogrammen der Fall wäre.

Der erste Apple-Computer wurde nicht in einem öffentlichen Forschungsprogramm entwickelt, sondern nachfrageorientiert von ein paar jungen Leuten zusammengeschraubt. Solche industriellen Kerne müssen auch in Berlin gefördert werden. Auch iPod, iPhone und iPad entstanden ohne Mitwirkung einer öffentlichen Bürokratie, die dafür einen Entwicklungsplan aufstellte und etablierte Konzerne mit Fördermitteln versorgte.

Die Chinesen haben ihren heutigen Vorsprung in der Elektromobilität dadurch erreicht, dass in einigen Großstädten motorisierte Zweiräder nur noch mit Elektromotor zugelassen wurden. Dies hat die Kreativität einer Vielzahl von lokalen Anbietern entfaltet. Dies ging weitgehend ohne Subventionen ab.

Von diesem Modell können wir auch in Berlin lernen. Der Anbietermarkt wird sich dann, wie es auch in China der Fall war, infolge der Nachfrage entfalten.

Der Ersatz eines zahlenmäßig noch überschaubaren Kfz-Bestandes wäre ein sinnvoller Schritt in die Elektromobilität. Nachdem in diesen Innenstadtbezirken die wenigsten Autobesitzer private Garagen mit Steckdose besitzen, müssen gleich einige Herausforderungen gemeistert werden. Andererseits werden von den meisten Autobesitzern in einem Innenstadtbezirk nicht so weite Alltagswege zurückgelegt, was die technischen Anforderungen an die Batterien leichter beherrschbar macht.

Für die eigentliche Maßnahme werden nahezu keine öffentlichen Haushaltsmittel benötigt. Es müssen  lediglich ein paar Dutzend Verkehrsschilder am Rand des Pilotgebiets aufgestellt würden, bzw. bei sukzessivem Ausbau jeweils umgestellt werden. Die Bedeutung wäre sinngemäß lauten

"Umweltzone - ab [*Datum*] Zufahrt für Kraftfahrzeuge nur mit Elektroantrieb "

Staatlicher Subventionen für die Markteinführung, wie für die Infrastruktur oder die Produktentwicklung, bedarf es dann eigentlich nicht. Die privaten Anbieter werden entscheiden.

Teilweise würden die privaten Anbieter vielfach dieselben Maßnahmen ergreifen, die sie bereits für eine Förderung aus Haushaltsmitteln im Rahmen des „Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität“ vorgeschlagen hatten. Mit dem Unterschied allerdings, dass die Privatwirtschaft selber über die Auswahl der Maßnahmen entscheidet und die Risiken tragen muss – sowohl das Risiko von verfehlten Entwicklungszielen wie das Risiko, die falschen Produkte anzubieten. Natürlich besteht ein großer Standortvorteil für Berliner Betriebe, die entsprechende Lösungen (auch bei der Lade-Infrastruktur) erstellen möchten und Erfahrungen aus erster Hand gewinnen können. Berliner Betriebe werden eine Chance erhalten, hier Nischen auszufüllen und sich an die Spitze des künftigen Marktes zu stellen.

Soweit Bundeszuschüsse und ggf. komplementierende Landesmittel verfügbar sind, sollten sie vorzugsweise auch dafür genutzt werden, bisherigen Autobesitzern im jeweiligen Umstellungsgebiet eine "Entschädigung" auszubezahlen, die den notwendigen Verkauf bzw. Wertverlust des bisherigen Autos ausgleicht. Solche Zuschüsse könnten ggf. auch nach sozialen Kriterien gestaltet werden, oder nach dem Zeitpunkt der Anschaffung eines für die Umweltzone zugelassenen, relativ neuen Fahrzeugs mit grünem Aufkleber der Schadstoffklasse 4. Ein Betrag von z.B. 1.000 € oder sogar 2.000 € würde für einige Haushalte schon viel ausmachen; das ergäbe dann aber nur einen Bruchteil der Fördermittel des Bundes für Elektromobilität. Zuschüsse könnte es insbesondere für Quartiere geben, in denen zuerst umgestellt wird, weil dann das Angebot an Elektrofahrzeugen noch schlechter ist und eher ein Vertrauensschaden aus dem Kauf des letzten Autos mit Verbrennungsmotor anzunehmen ist.

Diesen Betrag können bisherige Autobesitzer dann nach Belieben zur Mitfinanzierung eines neuen Elektroautos oder zum Kauf eines E-Bikes verwenden. Sie könnten den Betrag aber auch für Jahreskarten im überwiegend elektrischen öffentlichen Verkehr verwenden – dies zu verhindern, ist dann die Aufgabe der kreativen Anbieter von elektrischen Fahrzeugen. Wer unbedingt wollte, könnte das Geld auch für einen Umzug mit seinem Verbrennungsmotor-Auto verwenden.

Die Zustimmung der Berliner in der Umfrage vom April 2013 beruhte auf der Annahme, dass es keine finanziellen Hilfen geben würde. Zusätzliche Umstellungshilfen würden sicherlich die Akzeptanz für eine alsbaldige Umstellung deutlich erhöhen.

Zusätzliche Zuschüsse könnten im Projektgebiet ansässige Betriebe erhalten. Die BVG könnte evtl. Zuschüsse für die Verlegung von Oberleitungen für Trolleybusse auf den Hauptstrecken erhalten, weniger befahrene Linien könnten mit Batterie bzw. Hybrid befahren werden. Die Innenstadtgebiete mit besonders hoher Zustimmung für eine elektrische Umweltzone sind allerdings besonders gut mit U- und S-Bahn sowie Trams erschlossen, der Busverkehr ist also relativ weniger bedeutsam.

Motorisierte Zuzügler müssen ihr Elektroauto vollständig aus der eigenen Tasche zahlen, auch dies stellt einen wertvollen Markttest dar. Das Projektgebiet führt zu einer generellen Verbesserung der Infrastruktur für Elektroautos in Berlin, auch zu einer deutlich stärkeren Wahrnehmbarkeit, so dass sich auch viele Autofahrer in anderen Bezirken auf Elektrofahrzeuge umsteigen werden. Immerhin gewährleistet ein Elektroauto dann weiterhin Mobilität in der gesamten Stadt.

Der Einsatz öffentlicher Fördermittel für echte Forschungsmaßnahmen bleibt davon unberührt. Wo es aber mehr um die Markteinführung geht, ist der Nachfrageansatz wirkungsvoller.

Regierungsprogramms Elektromobilität

Ziel des Regierungsprogramms Elektromobilität der Bundesregierung ist es, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Bezogen auf sechs verbleibende Jahre sollen also ca. 170.000 Elektroautos pro Jahr auf die Straßen gebracht werden. Dieses Ziel schien sich ursprünglich nicht auf Hybridautos zu beziehen, wird aber heute unterschiedlich ausgelegt.

Die elektrische Umweltzone Berlins wäre ein wichtiger Schritt dorthin. Gleichzeitig würde hierfür weniger als eine Jahresproduktion der Elektroautos benötigt werden (sofern die westlichen Innenstadtquartiere nicht einbezogen würden).

Die Berliner Mobilitätsbedürfnisse prädestinieren die Stadt für die Nutzung von Elektroautos: Berlin ist die größte Stadt Deutschlands, aber mit Abmessungen, die die Reichweite heutiger Elektroautos nicht überschreiten. Berlin ist nicht Teil einer Metropolenregion mit mehreren Städten wie dem Rhein-Ruhr-Gebiet oder dem Rhein-Main-Gebiet mit zahlreichen wechselseitigen Verkehrsbeziehungen. Das Umland ist dünn besiedelt, besonders das weitere Umland in den äußeren Teilen Brandenburgs und in Mecklenburg-Vorpommern, Westpolen und Teilen von Sachsen-Anhalt. Schon deswegen und zusätzlich als Folge der geschichtlichen Teilung gibt relativ wenige Verkehrsbeziehungen mit dem Umland. Besondere verkehrliche Anziehungspunkte im weiteren Umland wie im Süden von München die Alpen fehlen.

Wo in Deutschland sollte die Markteinführung von Elektroautos gelingen, mit ihrer zwangsläufig geringeren Reichweite, wenn nicht in Berlin?

 

Konjunkturelle Folgen für die örtliche Wirtschaft

Neben dem erleichterten Markteintritt und -vorsprung für Spezialanbieter für Elektromobilität gibt es weitere Auswirkungen für die allgemeine Berliner Wirtschaft.

Die Investitionen in die Elektro-Infrastruktur führen für einige Jahre zu Impulsen für die Bauindustrie. Dies ergibt einen einmaligen, positiven Konjunktureffekt.

Die Aufteilung der Haushaltseinkommen wird sich ändern: Einerseits reduzieren sich die laufenden Kosten für die Verkehrsteilnahme und insbesondere für Käufe von Benzin und Diesel. Damit steht mehr Kaufkraft für andere Zwecke zur Verfügung, insbesondere für örtliche Leistungen. Andererseits sind Investitionsausgaben für Neufahrzeuge zu bewältigen. Neufahrzeuge werden allerdings häufig Kredit-finanziert, somit kommt es zu weniger kurzzeitigem Kaufkraftentzug im Jahr der Anschaffung.

Insgesamt dürften die Berliner nach Abschluss der Umstellung mehr Geld für nicht mobilitätsbezogene Ausgaben zur Verfügung haben, was sich positiv auf den Wirtschaftskreislauf auswirkt. Bei den Ausgaben für die Autonutzung wird es einen höheren Anteil der örtlichen Wertschöpfung geben, volkswirtschaftliche Geldabflüsse in die Ölförderländer fallen weg.

Neben den Taxis werden auch Car-Sharing-Anbieter ihr Geschäft ausdehnen. Auch Besitzer konventioneller Auto aus der Peripherie könnten sich beim Elektro-Car-Sharing anmelden, um gelegentliche Autofahrten in die Innenstadt machen zu können. Insbesondere flexibles Car-Sharing wirkt auch komplementär zur Taxinutzung: Wer beispielsweise mit Car-Sharing zu einem Konzert in der Innenstadt fährt, könnte nach dem Konzert feststellen, dass nicht genügend Fahrzeuge für sämtliche Car-Sharing-Nutzer im Konzert in der Nähe stehen, und sich stattdessen ein Taxi rufen.

Die Erreichbarkeit von Zielen in der Umweltzone durch Autofahrer von außerhalb wird eingeschränkt. Daher wird hier erörtert, ob es zu relevanten Verlagerungseffekten von autofahrenden Kunden zu Gunsten von kommerziellen Einrichtungen in anderen Stadtteilen kommt. Andererseits macht die verbesserte Aufenthaltsqualität Einkaufsstraßen wie die Karl-Marx-Straße, die Frankfurter Allee und die Müllerstraße wieder attraktiver – sowohl für die Bewohner der „eigenen“ Stadtteile wie für Besucher von außerhalb. Damit gewinnen sie zusätzliche Kunden hinzu.

Die Gebiete mit mehrheitlicher Zustimmung weisen aber ohnehin eher wenige kommerzielle Einrichtungen mit weitem Einzugsradius auf.

Von den größten 10 Einkaufszentren Berlins liegt lediglich das Ring-Center Berlin am Rand der heutigen bzw. angedachten Umweltzone; mit Parkhaus außerhalb des S-Bahn-Rings. Im Bezirk Neukölln haben vor allem die südlich gelegenen Gropius Passagen mit 85.000 m² einen größeren Einzugsbereich. Nur für wenige Kunden aus den südlichen Teilen des Bezirks ist das Einkaufen im eigentlichen Stadtteil Neukölln mit kleineren Einkaufszentren wie dem Neuköllner Tor (15.000 m²) oder den Neukölln Arcaden (27.000 m²) attraktiv, sicherlich nicht für den Durchschnitts-Autofahrer. Diese beiden Neuköllner Einkaufszentren sowie Karstadt am Hermannplatz, Kaufhof am Ostbahnhof sowie das Gesundbrunnen-Center bedienen vor allem den eigenen Stadtteil sowie die dort umsteigenden Fahrgäste, der Wegfall von Kunden ohne Elektroauto wäre also zweitrangig.

Für die zahlreichen kleineren Einkaufsstätten in den Innenstadtbezirken – auch jene mit spezifischem Produktangebot und dadurch größerem Einzugsgebiet – ist hingegen die Aufenthaltsqualität im Straßenraum und der Erlebniswert eines Stadtbummels besonders wichtig. Für sie sind daher Vorteile zu erwarten, wenn sich die Luftqualität in den Straßen bessert.

Ein großer Teil des Umsatzes von Fachgeschäften für gehobene Ansprüche stammt von relativ wenigen zahlungskräftigen Kunden aus Haushalten mit gehobenem Einkommen. Diese wohnen auch häufiger im eigenen Haus oder haben eine eigene Parkmöglichkeit. 12% der Berliner Haushalte haben zwei oder mehr Autos. Soweit zahlungskräftige Haushalte in Außenbezirken außerhalb der Umweltzone wohnen, werden sich viele von ihnen schließlich ebenfalls ein Elektroauto in die Garage stellen, wo ein problemloses Aufladen möglich ist, oft als Ersatz für das benzinbetriebene Zweitauto. Wohlhabende Haushalte mit Wohnort in der Innenstadt werden ebenfalls schneller auf Elektroantrieb umstellen als andere. Sie gehen also nicht dauerhaft als Kunden verloren. Daher gibt es auch keinen Grund für Verlagerungen von Geschäften aus der vertieften Umweltzone heraus.

Bei der Neuansiedlung von Büroarbeitsplätzen wird die eingeschränkte Erreichbarkeit für motorisierte Kunden in manchen Branchen eine Rolle spielen. Dies kann zu einer gewissen Entlastung der Flächennachfrage und damit verminderter Verdrängung der Wohnnutzung durch Büros in den Altbauquartieren führen. Der Effekt dürfte aber zu schwach sein, um Umzüge vorhandenen Betriebe auszulösen.

 

Alternative: Einbeziehung des Altbezirks Mitte in die Umweltzone

Möglicherweise wird sich Berlin dazu entschließen, zur besseren Erreichen der EU-Ziele für Luftqualität sowie unter verkehrlichen Erwägungen auch das historische Zentrum in Mitte in eine dann zusammenhängende „Elektrozone“ einzubeziehen.

In diesem Fall wären wesentlich mehrkommerzielle Einrichtungen betroffen. Die Geschäfte rund um die Friedrichstraße und den Alexanderplatz haben einen größeren Einzugsbereich und stehen damit im Wettbewerb mit Einkaufszielen in anderen Stadteilen (z.B. zu Einkaufsstraßen in Charlottenburg und Steglitz) sowie anderen Städten. Zahlungskräftige Haushalte, die für die Läden besonders interessant sind, werden sich aber wohl nicht vom Besuch der Innenstadt abhalten lassen. Wie schon erwähnt, besitzen sie öfter Zweitautos, die besonders leicht auf Elektroantrieb umstellbar sind, sie können auch Taxis bzw. Park&Ride nutzen. Viele Kunden der Innenstadtgeschäfte kommen aber schon heute mit öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. haben ihr Büro, ihre Wohnung oder ihr Hotelzimmer in der Innenstadt, werden also schon deshalb nicht abwandern. Heute noch verlärmte und schmutzige Straßen, wie z.B. die Leipziger Straße, würden als Einkaufsstraßen an Attraktivität gewinnen, würde die vertiefte Umweltzone entsprechend ausgeweitet.

Die Mehrzahl der Berliner Hotels befindet sich im inneren Stadtgebiet. Die Mehrzahl der potentiellen Hotelgäste – die ja weitgehend noch keine Elektroautos besitzen - könnten ihre Hotels also nicht mehr mit dem Privatauto erreichen. Allerdings reist ein großer Teil der Berliner Hotelgäste schon heute mit öffentlichen Verkehrsmitteln (v.a. Bahn und Flugzeug) an. Hier wird nicht damit gerechnet, dass viele Besucher wegen Einschränkungen der Nutzung des eigenen Autos auf einen Berlin-Besuch verzichten würden. Sicherlich würden die Hotels in äußeren Stadtteilen der Innenstadt ein paar Gäste abwerben, was sich aber in der Innenstadt kaum bemerkbar machen würde. Entsprechend ist auch nicht davon auszugehen, dass größere Veranstaltungen als Folge der vertieften Umweltzone nicht mehr in Berlin stattfinden würden. Das Messegelände und die beiden größeren Fußballstadien wären ohnehin nicht betroffen, bei einigen Veranstaltungsorten wie dem Estrel kann ebenfalls vermieden werden, dass dieser Bereich einbezogen würde. Bei Großveranstaltungen in der Innenstadt, etwa in der O2/Anschütz-Halle, bei Theatern oder den Internationalen Filmfestspiele ist die Erreichbarkeit des Veranstaltungsortes mit PKW schon heute wegen der begrenzten Parkplätze nur für wenige Besucher möglich. VIP-Transporte werden vorgeplant und können mit Elektroautos erfolgen.

Umgekehrt stellt eine vertiefte Umweltzone eine zusätzliche „Sehenswürdigkeit“ Berlins dar, wird also weitere Besucher und Neugierige zu einer Städtereise nach Berlin verlocken. Gerade bei Städtereisen ist es wichtig, den Besuchern immer wieder „etwas neues“ zu bieten und damit Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wo sonst könnte man eine solche Vielfalt im Straßenverkehr erleben? Im Umkreis der Sehenswürdigkeiten in Mitte wäre das natürlich für Besucher besonders gut wahrnehmbar.

Zusätzlich profitieren die Besucher von denselben Effekten wie die Anwohner (Lärm, Luftbelastung), bzw. noch mehr, weil viele Hotels an Hauptstraßen liegen und Touristen viel Zeit auf der Straße verbringen. Insofern konkurriert Berlin dann mit anderen autofreien Destinationen wie Venedig oder Zermatt um Gäste. Ein Attraktivitätsvorsprung hängt natürlich auch davon ab, wie schnell andere Metropolen als konkurrierende Destinationen reagieren.

Das Taxigewerbe profitiert nicht nur von den dann zunehmenden Gästezahlen, sondern auch davon, dass zahlreiche Berliner aus den äußeren Stadtteilen oder motorisierte Berlin-Besucher nun nicht mehr mit dem eigenen Wagen Ziele in der Innenstadt ansteuern können. Dazu kommt Nachfrage von bisherigen Autofahrern aus der Innenstadt, die nicht sofort ein Elektroauto kaufen, oder deren Autobatterie gerade leer ist. Auch wenn solche Fahrten dann mehrheitlich mit dem öffentlichen Verkehr zurückgelegt würden, werden auch Taxis häufiger genutzt werden.

Taxis profitieren auch von weniger vollen Straßen im Innenstadtbereich und damit besserem Durchkommen. Eine Erhöhung der Taxitarife, um damit die Anschaffungskosten für Elektrofahrzeuge finanzieren zu können, ist daher nicht erforderlich. Im Gegensatz, es sollte vielmehr über eine Senkung oder wenigstens Stabilisierung der Taxipreise nachgedacht werden. Dafür sprechen mehrere Gründe:

·         Weniger Arbeitszeitbedarf je zurückgelegter Tarifstrecke infolge Stauvermeidung;

·         Geringere laufende Betriebskosten mit Strom als bei Benzinantrieb;

·         Höhere Preissensitivität der Nutzer aus dem Stadtgebiet im Vergleich zu auswärtigen, daher führt eine Preissenkung zu stärkerem Kundengewinn;

·         Soziale Gesichtspunkte; für Berliner, die sich ein Elektroauto (noch) nicht leisten können, wird damit eine preiswertere Alternative gewährleistet.

Bei einem sukzessiven Umstellungsplan sollte die östliche Innenstadt allerdings erst am Ende der Entwicklung stehen, um möglichst lange Vorankündigungszeiten zu erreichen.

Auswirkungen auf die Personalkosten der Berliner Wirtschaft

Die positiven Gesundheitsauswirkungen werden zu einer verminderten Zahl der Fehltage der Berliner Beschäftigten führen. Momentan haben Berliner Mitarbeiter noch deutlich mehr Fehltage als in anderen Bundesländern. Die Luftbelastung ist ein Faktor für zahlreiche Krankheiten, auch der Herz-/ Kreislaufsystems. Damit gehen nach Vertiefung der Umweltzone weniger Mitarbeiter als Folge von vorzeitiger Verrentung oder gar Tod nach Herzinfarkt verloren. Besser ausgeschlafene Mitarbeiter (infolge des geminderten Straßenlärms in der Nacht) sind ebenfalls leistungsfähiger.

Einige wenige Arbeitsplätze könnten aus den Gebieten der vertieften Umweltzone umziehen, um besser für Kunden erreichbar zu bleiben. Andere werden einen Betrieb dort nun attraktiver finden. Welcher Effekt überwiegt, ist schwer abzuschätzen. Jedenfalls würde es sich bei den Wegzügen nur um eine Verlagerung innerhalb des Berliner Wirtschaftsraums handeln, während die gesteigerte Attraktivität schon eher eine überregionale Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Berlin begünstigen könnte.

Erst langfristig wird es sich für die Wirtschaft auswirken, dass sich die geminderten Abgase und Lärmwerte positiv auf das Lernvermögen und die schulischen Erfolge der Berliner Schüler auswirken. Dies führt zu leistungsfähigeren Schulabgängern und auf lange Sicht zu einem besseren Arbeitskräfteangebot für die Berliner Wirtschaft. In den betroffenen Gebieten wohnen zwar nur ca. 20% der Berliner, aber vermutlich ein größerer Anteil der Schulkinder.

Infolge verbesserter Atemluft und besseren Schlafs werden auch die Kosten für Gesundheitsfürsorge abnehmen. Davon profitieren die Berliner Krankenversicherten allerdings nur zu einem kleinen Teil.

 

Verkehrliche Funktionsfähigkeit

Innerhalb der vertieften Umweltzone wäre die Verkehrsabwicklung verflüssigt, weil nicht mehr alle Autos die entsprechenden Straßen nutzen könnten. Hier ist also die verkehrliche Funktionsfähigkeit des Straßennetzes mit Sicherheit gleich gut (bzw. gleich schlecht) oder besser als derzeit gewährleistet. Das würde dann Zeiteinsparungen ermöglichen und auch die Reichweite der Batterien vergrößern.

Bei Abgrenzung gemäß Mehrheitszustimmung der Meinungsumfrage

Gemäß den Gebieten mit mehrheitlicher Zustimmung gemäß Umfrageergebnissen würde eine vertiefte Umweltzone vom nördlichen Ende der A100 (und in Verlängerung Seestraße – Bornholmer Straße) bis zu ihrem südöstlichen Ende in Neukölln reichen, unterbrochen durch den Altbezirk Mitte. Damit wäre eine Umfahrung mit konventionellen Fahrzeugen jeweils in Ost-West-Richtung über die A100 und deren Verlängerungen und über verschiedene andere Straßen in vorwiegend Nord-südlicher Richtung auf der Westseite möglich. Im Altbezirk Mitte bliebe eine Querung zwischen den beiden Teilgebieten v.a. in Ost-Westrichtung möglich.

Eine Vielzahl von Verkehrsbeziehungen in die beiden Teilgebiete hinein, die bislang durch die Wohnquartiere hindurch führen, wäre hingegen nur noch für elektrisch betriebene Fahrzeuge verfügbar. Damit würde sich auch auf zahlreichen Straßen in der näheren Umgebung das Verkehrsaufkommen zunächst reduzieren, später vermehrt mit Elektrofahrzeugen abgewickelt werden.

Nachdem sich die beiden Gebiete mit mehrheitlicher Zustimmung (gemäß Befragung) im Norden bis Nordwesten sowie im Süden bis Osten der Stadtteils Mitte befinden, würde in Mitte kaum noch Verkehr mit Verbrennungsmotoren in Nordwest-südöstlicher Richtung stattfinden. Elektrofahrzeuge würden wie bisher die vorhandenen Straßen in Mitte queren. Eine gewisse auch quantitative Verkehrsentlastung wäre dort sicherlich willkommen.

Verkehrsverbindungen eher senkrecht dazu, in Ost-westlich- bzw. Nordost-südwestlicher Richtung wären weiterhin auch mit Verbrennungsmotoren durch Mitte möglich. Dies gilt insbesondere für die Straßenzüge Leipziger Straße-Grunerstraße-Greifswalder Straße, Invalidenstraße – Bernauer Straße sowie Unter den Linden – Karl-Liebknecht-Straße mit Umgehung des Brandenburger Tors über die Behrenstraße und Clara-Zetkin-Straße.

Die Zufahrt zum Hauptbahnhof über den Tiergartentunnel und das Regierungsviertel wären ebenfalls nicht Teil der vertieften Umweltzone.

Eine besondere Betrachtung verdient dann die Umgebung des Ostkreuzes mit den Straßen Elsenstraße, Markgrafendamm, Kynaststraße und Gürtelstraße. Diese sind derzeit nicht Teil der Umweltzone und bereits jetzt verkehrlich stark belastet. Es könnte argumentiert werden, dass diese Straßen nicht Teil der vertieften Umweltzone werden sollten, um deren Umfahrung mit Verbrennungsmotoren zu erleichtern. Umgekehrt könnte argumentiert werden, dass gerade dies zu verhindern wäre, um damit die Abgasbelastung an diesem Rand der Umweltzone zu mindern.

Mit Verlängerung der A100 wird dort ab Fertigstellung des 16. Bauabschnitts der Verkehrsdruck im Bereich der Elsenbrücke weiter zunehmen. Es wäre plausibel, dass infolgedessen die verkehrliche Leistungsfähigkeit dieser Straßen bereits durch elektrisch befahrene Fahrzeuge weitgehend ausgeschöpft wird, so dass Freistellungen für weitere Fahrzeuge nur zusätzliche Staus verursachen würden. Im Résumé könnte es sinnvoll sein, die Straßen um das Ostkreuz zunächst aus der vertieften Umweltzone auszuklammern, aber spätestens dann einzubeziehen, wenn einerseits der Bestand an Elektroautos zugenommen hat, andererseits die A100 noch mehr Verkehr in diese Straßen lenkt. Damit würde dann durch die vertiefte Umweltzone an dieser Stelle die Entstehung bzw. Verschärfung eines Flaschenhalses als Folge des Autobahnbaus vermieden.

In Kreuzberg sowie im „Westteil“ des Bezirks Mitte sollte die Zustimmung nach verschiedenen Kiezen gesondert erfasst werden. Die vorliegende repräsentative Umfrage erlaubt keine statistisch signifikanten Unterscheidungen zwischen kleineren Bereichen innerhalb eines Bezirkes. Die soziodemographischen Verhältnisse lassen allerdings die Vermutung zu, dass das Interesse an einer vertieften Umweltzone im mittleren bis östlichen Teil von Kreuzberg größer sein könnte als im westlichsten Teil des Bezirks um den Anhalter Bahnhof und den Viktoriapark. Vorgeschlagen wird daher, im Rahmen einer Abstimmung die Zustimmung für den Bereich westlich des Straßenzugs Stresemannstraße - Mehringdamm im Zusammenhang auszuwerten, und ggf. dort die Grenze der neuen Umweltzone zu ziehen. Sollte eine mehrheitliche Zustimmung dort knapp verfehlt werden, blieben insbesondere auch die Verbindungen von den Kanaluferstraßen (und dem Tiergartentunnel) und der Yorckstraße zum Mehringdamm und Tempelhofer Damm für alle Fahrzeuge mit grüner Plakette befahrbar.

Eine allzu kleinräumige Mehrheitsentscheidung, die zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen führen würde, womöglich mit Zick-zack-verlaufenden Bereichen ohne Beschränkungen, wäre verkehrlich nicht sinnvoll.

Alternative: Mitte insgesamt nur mit Elektroautos?

Evtl. reicht eine Umstellung in der Nordwestlichen Mitte und süd-östlich des Zentrums nicht aus, um die Emissionen genügend zu senken. Ohne eine Lücke zwischen den beiden Bereich wäre die vertiefte Umweltzonen effektiver.

Im davon betroffenen Altbezirk bzw. Ortsteil Mitte wurden nur relativ wenige Befragte erreicht, die deutlich kritischer zur Elektromobilität eingestellt waren als der Berliner Durchschnitt. Es wäre zwar denkbar, dass eine vertiefte Befragung bzw. Abstimmung dieses Bild ändern würde, aber in der Tendenz war dies schon erwartet worden. Möglich wäre auch eine Beteiligung der Beschäftigten, die in diesem Stadtteil überwiegend dürften, an einer Abstimmung. Daher wird nun der Fall betrachtet, dass sich der Senat dazu entschließen würde, aus übergeordneten Gründen das weniger von Wohnnutzung geprägte Zentrum der Stadt in Mitte auch dann Elektroautos vorzubehalten, wenn dies dort (wie es scheint) nicht dem Mehrheitswunsch der Einwohner entspricht. Damit wären eine stärkere verkehrliche Wirksamkeit für die Gesamtstadt und damit effektivere gesundheitliche Verbesserungen gewährleistet.

Wer regelmäßig mit dem Auto quer durch die Innenstadt fahren möchte, würde sich dann ebenfalls ein elektrisches Fahrzeug zulegen, so dass zusätzliche Anreize zur Umstellung gegeben wären. Grundsätzlich sollten aber möglichst wenig solcher Verkehrsbeziehungen zwischen äußeren Bezirken mit dem Auto durch die Innenstadt abgewickelt werden, unabhängig von der Antriebsart.

Zu erwägen wäre dann, speziell für Taxis mit grüner Plakette vorübergehend eine „Transitstrecke“ durch Mitte vorzuhalten. Dies könnte z.B. jeweils für fünf Jahre ab Zulassung des Fahrzeugs als Taxi gelten, längstens bis fünf Jahre nach dem Beschluss über die Einfügung der neuen Umweltzone. Dies würde zum einen dem Vertrauensschutz gegenüber den Taxifahrern im Hinblick auf die getätigte Investition in neue Fahrzeuge dienen. Mit einer im Wesentlichen den Taxis vorbehaltenen Abkürzung (die Strecke wäre sonst nur von Elektroautos nutzbar) kommen sie schneller durch die Stadt und können damit einen Teil der Nachteile (nämlich wegfallende Fahrten unmittelbar zu Zielen in der übrigen Umweltzone) ausgleichen. Zudem wird damit vermieden, dass ahnungslose Fahrgäste in ein Taxi ohne Elektroantrieb einsteigen und es dann zu weiten Umwegfahrten um die Umweltzone herum kommt.

Eine Sonderbehandlung gegenüber anderen Autofahrern kann auch damit gerechtfertigt werden, dass Taxis ja grundsätzlich jeden Fahrgast aufnehmen müssen und über ihre Fahrten somit nicht autonom bestimmen können. Während die meisten privaten Autonutzer ihren Wagen gebraucht gekauft haben, und ihn auch mit einem angemessenen Wert weiterverkaufen können, kaufen Taxiunternehmer häufiger Neuwagen, insbesondere Hybridautos, mit besonderer Ausstattung (wenigstens Taxameter, Elfenbein-Farbe und abwischbare Sitze). Die schlechten Verdienstmöglichkeiten ermöglichen es Taxifahrern auch nicht, ohne weiteres ein Elektrofahrzeug als neuen Arbeitsplatz zu erwerben. Im Vergleich zu Taxifahrern haben private Autonutzer die Möglichkeit, auf kleinere Fahrzeuge umzusteigen bzw. ganz oder zeitweilig auf ein Privatauto zu verzichten. Schließlich wird mit einer vorteilhaften Übergangsregelung für Taxis ein eventueller Taxiengpass in der Umstellungszeit verhindert.

Als Querungsstrecke für Taxis würde in diesem Fall der verlängerte Straßenzug Unter den Linden vorgeschlagen. Dort gibt es kaum Anwohner, die durch Lärm und Abgase unmittelbar am Wohnort belastet würden. Dort sind schon jetzt viele Taxis unterwegs. Die Route bietet dem Taxi-fahrenden Touristen besonders attraktive Ausblicke. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten befinden sich in unmittelbarer Nähe, so dass beispielsweise Fahrgäste zum Pergamon-Museum konventionelle Taxis auf der „Transitstrecke“ nutzen könnten und dann nur noch einen kurzen Weg zu ihrem Ziel gehen müssten. Über die Moltkebrücke wäre auch der Hauptbahnhof gut angebunden. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die Ortsteile Schöneberg, Wilmersdorf, südlicher Tiergarten und Prenzlauer Berg nicht ebenfalls Teil der neuen Umweltzone würden, sondern wenn die Umweltzone eine Hantelform bzw. eine „Taille“ ohne diese Bereiche aufweist.

Möglichkeit: Zustimmung auch im „Neuen Westen“

Vielleicht wird sich nach verbreiteter Diskussion in der Öffentlichkeit – abweichend von den ersten Befragungsergebnissen, die naturgemäß auf einer spontanen Reaktion beruht haben – auch in der westlichen Innenstadt eine Mehrheit für eine elektrische Umweltzone ergeben. Vielleicht werden dort dann spätere Umstellungszeitpunkte bevorzugt, um eine größere Auswahl an Elektrofahrzeugen zu haben. Jedenfalls wäre der Westteil der A100 als Westumfahrung der Innenstadt für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor beizubehalten. Würde dann der südliche Teil der A100 in die Umweltzone einbezogen, würde dies die Anreizwirkung auch für Autos aus anderen Stadtteilen deutlich verbessern und die Stauanfälligkeit auf der gesamten A100 über einige Jahre deutlich reduzieren.

 

Regeleinhaltung und Überwachung

Zugelassene Fahrzeuge würden eine neuartige Plakette erhalten. Nachdem rot, gelb und grün schon vergeben sind, wären diese vorzugsweise in blauer Farbe auszufertigen.

Bei reinen Elektroautos wäre dann die Überwachung der Plakette ausreichend, wie schon bisher bei den grünen Plaketten. Hingegen soll bei Hybridautos gewährleistet werden, dass diese in der vertieften Umweltzone auch wirklich elektrisch fahren und schon gar nicht ihre Batterien im Stand durch Motorgebrauch aufladen. Die Polizei wäre überfordert, sollte sie dies an Hand der Abgasentstehung nachweisen sollen, die lediglich im Winter auffällige Auspuffwolken erzeugt.

Eine Möglichkeit wäre es, die Fahrzeuge mit Steuerungen auszustatten, die eine regelkonforme Autonutzung gewährleisten. Aus Datenschutzanforderungen wäre dabei eine Nachverfolgung von Fahrtstrecken, wie sie viele Handynutzer ermöglichen, oder von Ladestops nicht akzeptabel.

Hierfür gibt es jedoch eine einfache technische Lösung: Das Fahrzeug enthält einen GPS-Empfänger, der den jeweiligen Ort des Fahrzeugs ermittelt. In das Fahrzeug werden weiterhin Informationen über die Abmessung der Umweltzonen übertragen, in der nur elektrisch gefahren werden kann. Die Steuerung des Autos gewährleistet dann automatisch, dass der Benzinmotor nicht in Betrieb genommen wird, solange sich das Fahrzeug in der Umweltzone befindet. Des Weiteren kann auch dafür gesorgt werden, dass das Fahrzeug nur dann in die Umweltzone einfährt, wenn die Batterieladung im Wesentlichen aus der Steckdose stammt und nicht etwa aus einem Ladebetrieb mit dem konventionellen Antrieb außerhalb der Umweltzone. Schließlich könnten auch Erleichterungen für den Fall einprogrammiert werden, wenn die Batterie doch einmal leer sein sollte, so dass wenigstens die Fahrtstrecke zur nächsten freien Ladestelle noch mit Benzinantrieb zurückgelegt werden könnte. Das könnte beispielsweise nach längerem Parken (Urlaub) oder bei unerwartet niedriger Batteriekapazität im Winter erforderlich werden.

All dies stellt technische Anforderungen, wie sie mit der Rechenleistung eines modernen Telephons bzw. eines Navigationssystems ohne weiteres verwirklicht werden können. Das entsprechende Gerät im Auto benötigt keine physikalische Sendemöglichkeit, so dass die Übertragung von Ortsdaten aus dem Auto heraus schon deshalb ausgeschlossen werden kann. Der Nachweis einer solchen Steuerung wäre dann bei Hybridautos die Voraussetzung für die Gewährung einer blauen Plakette. Eine Überwachung des Betriebszustands der Hybridfahrzeuge durch die Verkehrspolizei wäre also nicht erforderlich.

 

Fahrzeugkonzepte

Momentan gibt es noch fast gar keine Elektroautos in Berlin. Daher bestehen recht freie Gestaltungsmöglichkeiten, wo eine künftige Grenze gezogen werden soll. Jedenfalls würde es nahezu keine Ungleichbehandlung für bereits vorhandene Elektroautos bzw. plug-in-Hybride geben, solange bis zu einer Entscheidung noch fast keine zugelassen sind.

Als typische Fahrzeugklassen unterscheiden kann man insbesondere:

1.      Konventionelle Autos mit Verbrennungsmotor und grüner Plakette;

2.      Hybridautos mit lediglich elektrischer Unterstützung des Verbrennungsmotors und Aufladung der Batterie über den Motor im normalen Fahrbetrieb und beim Bremsen;

3.      Plug-in-Hybridautos mit einem Verbrennungsmotor mit hohen Fahrleistungen (z.B. 50 kW und mehr) und der Möglichkeit der Aufladung der Batterie an der Steckdose, aber ebenfalls über den Motor, wobei der Elektroantrieb und die Batterie mehr zur Überbrückung kürzerer Strecken im Stadtgebiet vorgesehen sind und der Verbrennungsmotor als hauptsächlicher Antrieb mit vollen Fahrleistungen geeignet ist (z.B. Toyota Prius);

4.      Plug-in-Hybridautos mit einem Verbrennungsmotor mit mäßigen Fahrleistungen (z.B. um die 20 kW), die im Regelfall für die Aufladung der Batterie an der Steckdose vorgesehen sind und bei denen der Verbrennungsmotor mehr als Reichweitenvergrößerer (Range extender) verstanden wird (z.B. BMW i3);

5.      Elektroautos in der Größe und Leistungsfähigkeit heute üblicher Autos;

6.      Leichte Elektroautos, insbesondere in der EU-Zulassungsklasse L bzw. L7e (begrenztes Gewicht, niedrigere Leistung und geringere Kosten) wie der Renault Twizy, der seit 20 Jahren bewährte City-El oder Projekten wie dem Colibri und dem VW Nils;

7.      Zweiräder mit Elektroantrieb oder elektrisch unterstütztem Hybridantrieb.

Im Grundsatz in dieser Rangordnung nehmen auch die Umweltbelastungen durch den Fahrzeugbetrieb ab, soweit der Autostrom aus erneuerbaren Energien kommt. Das gilt auch für die Lärmemissionen – die Rollgeräusche auf Kopfsteinpflaster unterschieden sich allerdings in den Stufen 1 bis 5 nur unwesentlich. Die Kosten nehmen gemäß obiger Reihenfolge zunächst zu, dann wieder ab: Die preisgünstigsten Autos sind sowohl elektrisch (in Stufe 6 inkl. kalkulierter Batterie) wie konventionell für unter 10.000 € zu erhalten. Hybridautos (Stufe 2) gibt es bei Toyota ab ca. 17.000 € und plug-in-Hybride (Stufe 3) ab ca. 36.000,00 €. In Stufe 4 wurde der i3 von mit Range-Extender für über 40.000 € angekündigt, solche Fahrzeuge werden aber bei anderen Margen billiger sein. Die doppelte Antriebstechnik hat ihren Preis, der erst ab Stufe 5 wieder wegfällt.

Es könnte argumentiert werden, dass nur ein substantieller Sprung in vorstehender Reihenfolge ausreichend große Vorteile mit sich bringt, die eine erneute Umstellung der heute geltenden Fahrtberechtigungen in der Umweltzone rechtfertigen. Andere würden bei kleineren Schritten eher vertretbare Eingriffe sehen.

Die Abgasfreiheit im Quartier ist ein wesentlicher Schritt. Wo genau die Grenze gezogen werden soll, kann aber nicht am grünen Tisch entschieden werden. Daher sollten den Bürger mehrere Varianten zur Wahl gestellt werden, welche Autos sie in ihrem Stadtviertel fahren und fahren lassen möchten. Es könnte sein, dass die beträchtlichen Preise für Hybridautos dazu führen, dass die Grenze etwas enger gezogenen wird. Es wäre auch denkbar, dass die Grenze in einem bestimmten Teil der vertieften Umweltzone weiter gezogen wird als in einem anderen Teil.

Eine Darstellung von 27 heute verfügbaren Elektroautos (nur wenige fehlen) findet sich unter http://www.wiwo.de/technologie/auto/autoderzukunft/e-autos-elektroautos-die-zu-haben-sind/4637758.html#image . Bis zu einem Umstellungstermin wird sich das Angebot noch vergrößern.

Ein größeres Angebot an „bezahlbaren“ Elektroautos gibt es in der Fahrzeugklasse L7e. Diese erreichen allerdings in der Regel niedrigere Sicherheitswerte bei Crashs als größere Fahrzeuge. Das niedrigere Gewicht macht sich bei Unfällen nachteilig bemerkbar. Der Wegfall anderer, insbesondere größerer und leistungsstärkerer Fahrzeuge verstärkt dann gerade bei diesen kleineren Elektroautos die Sicherheit, das Sicherheitsgefühl und die Akzeptanz. Aus diesem Grund sind dann auch die Investitionskosten für Elektromobilität weniger hoch, als es bei derzeitiger Fahrzeugflotte den Anschein hat.

[Bilder haben hohe Dateigröße - nicht im Internet]

Bilder: Beispiele für Elektroautos der Fahrzeugklasse L7e (ab ca. 10.000 € incl. Batterie)

 

Weitere Verkehrspolitik

Am Platzbedarf des Autoverkehrs, an den Unfallgefahren und an den negativen Auswirkungen einer „sitzenden“ Fortbewegung ändern Elektroautos prinzipiell nichts. Maßnahmen zur Förderung anderer Verkehrsmittel wie etwa Fahrräder und Straßenbahn sowie zur Steigerung der Verkehrssicherheit blieben damit weiterhin erforderlich.

 

Mögliche Mietentwicklung

Nachfrageeffekt

Eine vertiefte Umweltzone mit verbesserter Atemluft macht das Gebiet einerseits als Wohn- und Lebensort attraktiver, andererseits wird dort die Verkehrsmittelwahl eingeschränkt. Dies könnte im Saldo sowohl eine zunehmende Nachfrage nach Wohnungen zur Folge haben, insbesondere von Familien mit Ansprüchen an die gesunde Lebensumwelt ihrer Kinder, stattdessen könnte aber auch der Nachfragerückgang von Haushalten, die ein konventionelles Auto behalten möchten und deshalb nicht die vertiefte Umweltzone umziehen würden, überwiegen.

Bei einem relativ kleinen Bereich der vertieften Umweltzone würden sich die spezifisch interessierten Nachfrager dort konzentrieren. Der Nachfragewegfall von Autofahrern bzw. von auf autofahrende Kunden angewiesenen Gewerbebetrieben würde demgegenüber nicht so ins Gewicht fallen. Damit käme es in einer recht kleinen, vertieften Umweltzone zu einem zusätzlichen Druck in Richtung steigender Mieten und Immobilienpreise. Daher wäre gerade falsch, wenn befürchtete Mietsteigerungen dazu führen würden, eine vertiefte Umweltzone nur auf kleiner Fläche zu verwirklichen.

Bei einer sehr großen Ausdehnung der vertieften Umweltzone wäre es genau umgekehrt – ein großer Teil derjenigen, die lieber dort wohnen möchten, wäre schon da, für einen größeren Wohnungsbestand würden die Liebhaber konventioneller Autos als Nachfrager wegfallen, und es ergäbe sich ein dämpfender Effekt für die Mieten  und Immobilienpreise in dem größeren Gebiet der Umweltzone.

Nachdem sich in beiden Fällen vorrangig die Wohnungsnachfrage in Berlin verlagern würde, gäbe es in den übrigen Teilen Berlins einen jeweils entgegengesetzten Effekt. Insgesamt würden sich die Effekte also in etwas ausgleichen. Werden die Abmessungen der Umweltzone entsprechend den Mehrheitswünschen der Anwohner festgelegt, so ist allerdings anzunehmen, dass sich eine in etwa bedarfsgerechte Größe ergeben wird, so dass es zu keinen Mietpreiseffekten durch Nachfrageverlagerung kommt, weder in der einen noch in der anderen Richtung. Bestünde ein größeres Interesse an Wohnquartieren ohne Verbrennungsmotoren, würden sich auch größere Abmessungen ergeben, bzw. umgekehrt.

Wohnflächen- und Qualitätseffekt

Daneben sind jedoch weitere Effekte für die Wohnkosten in Folge des geminderten Verkehrslärms zu beachten:

1. Vorderhauswohnungen werden heute in beträchtlichem Maße durch Verkehrslärm beeinträchtigt. Das führt dazu, dass sich einige Räume von Wohnungen kaum noch als Schlafräume eignen. Daher werden im Zweifel eher etwas größere Wohnungen genutzt, die trotzdem noch genügend ruhige Räume aufweisen.  Die deutliche Reduzierung des Verkehrslärms würde künftig auch bei kleineren Wohnungen bessere Nutzungsmöglichkeiten ergeben und damit die Wohnkosten der entsprechenden Haushalte senken.

2. Die ermöglichte Verkleinerung der Wohnflächen bei gleichwertiger Nutzbarkeit führt zu einer Verminderung der Wohnflächennachfrage, die preisdämpfend wirkt.

3. Es gibt einen gewissen Zusammenhang zwischen Miethöhe und Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm und -abgase. Wer weniger Geld zur Verfügung hat, wird bei sonst vergleichbaren Verhältnissen eher eine lautere Wohnung (mit entsprechend schlechterer Luft) in Kauf nehmen müssen. Dies betrifft in besonderem Maße Neuvermietungen. Soweit die Wohnungsnachfrage in Berlin die gleiche bleibt, werden sich die absoluten Miethöhen durch den Rückgang des Verkehrslärms nicht ändern. Das heißt, bei gleichen Mieten sind die Lärmwerte dann niedriger. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass für eine Wohnung mit einer bestimmten Lautstärke dann weniger Miete gezahlt werden muss als vorher. Das Angebot wird sich insgesamt in Richtung höherer Qualität (= weniger Lärm) verschieben, ohne dass die Preise gestiegen sind, es gibt also mehr Qualität fürs gleiche Geld. Unter Einbeziehung des Qualitätsmerkmals „Lautstärke“ hat sich dann das Mietniveau reduziert. Dieser Vorteil kommt auch Bestandsmietern zu Gute. Auch diese Aussage gilt nur, wenn eine bedarfsadäquate Größe der Umweltzone erreicht wird, sonst würde die bessere Wohnwertqualität zu höheren Mieten führen.

4. Vor allem Vorderhauswohnungen würden – wie schon in der Kaiserzeit – an Attraktivität gewinnen, während sich in geschlossenen Hinterhöfen keine Vorteile durch die Lärmminderung ergeben. Dies könnte die Verfügbarkeit von relativ preiswerten Wohnungen etwas verbessern.

 

Rechtliche Änderungen

Die Fünfunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung - 35. BImSchV) sieht derzeit nur Ausnahmen von Fahrverboten für die bekanntenSchadstoffklassen 2 bis 4 vor. Dies wäre um eine weitere Schadstoffklasse für elektrisch gefahrene Autos zu ergänzen. Ggf. könnte zwischen echten Elektroautos und plug-in-Hybridautos unterschieden werden, auch nach den u.a. vom Gewicht abhängigen Fahrgeräuschen und Reifenabrieb. Das Fahrverbot selbst wäre dann auf Berliner Ebene anzuordnen. Nachdem in der Berliner Innenstadt die EU-Grenzwerte für NOx überschritten werden und Berlin damit EU-rechtlich zu zusätzlichen Maßnahmen zur Emissionsvermeidung verpflichtet ist, kann die Notwendigkeit der Maßnahme bereits auf diese Weise untermauert werden.

Während die Ausweisung von autofreien Gebieten im Bestand häufig auf rechtliche Bedenken stößt – insbesondere bei Parkplätzen auf Privatgrundstücken – wurden die Umweltzonen von den Gerichten bestätigt. Rechtsmittelfristen gegen die EU-weit festgesetzten Emissionsgrenzen, bzw. deren gesetzliche Umsetzung in Deutschland, dürften ebenfalls abgelaufen sein. Damit wären auch Rechtsmittel, die die gegen eine vertiefte Umweltzone richten, wenig aussichtsreich, soweit damit lediglich Grenzwertüberschreitungen vermindert werden sollen.

 

Neben den mehr pragmatischen Vorteilen wäre es ein ganz wichtiges Ergebnis der vertieften Umweltzone, ein positives Bewusstsein und Stolz auf die eigene Stadt und den eigenen Kiez zu wecken, damit auch einen Beitrag zur Identifikation mit dem oft erst gewählten Lebensort zu leisten.

Joachim Falkenhagen                           Windland Energieerzeugungs GmbH                 Mai 2013
                                                          
Grimmstraße 9, 10967 Berlin, Tel 030-65017701, 0176-50112452



[1] http://www.mantruckandbus.de/de/press___media/Pressemitteilung_145666.html

[2] Beschluss der Kommission vom 20.2.2013 betreffend die Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland über die Verlängerung der Frist für das Erreichen der NO2-Grenzwerte in 57 Luftqualitätsgebieten

Basierend auf der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa, siehe auch: http://www.bund-nrw.de/fileadmin/bundgruppen/bcmslvnrw/PDF_Dateien/Themen_und_Projekte/Immissionsschutz_Chemie/2013_02_20_C_2013_900_DE_pdf_-_Adobe_Acrobat_Pro.pdf